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Job mit Leidenschaft
29.01.2016 | Kategorie: Gremien | von: Maike Haag

Nach zwei Wochen als Praktikantin in Ruth Ratters Team verabschiedet sich die Autorin dieses Textes voller Sound wieder in den Alltag der 11. Klasse. Alles Gute!



Praktikumsbericht


In der Zeit vom 18. bis 29. Januar 2016 absolvierte ich ein zweiwöchiges Praktikum bei der Landtagsabgeordneten Ruth Ratter, die für die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als bildungs- und kulturpolitische Sprecherin tätig ist.
Frau Ratter und ihr wissenschaftlicher Mitarbeiter Robert Reick erklärten mir anfangs einige allgemeine Abläufe in der Politik, dennoch fühlte ich mich zeitweise ziemlich "unbeholfen". So musste ich nach dem Prinzip 'learning by doing' lernen, was mir letztendlich sehr geholfen hat, da ich so auch viel über mich gelernt habe. 


Die Arbeitszeiten waren sehr unterschiedlich; manchmal musste ich erst vormittags kommen und konnte nach vier Stunden wieder gehen, mal ging ein Tag über zehn Stunden, sodass ich durchschnittlich auf sechs Stunden Arbeitszeit pro Tag kam. Nach diesen sechs Stunden war ich meist ziemlich erschöpft und die Tatsache, dass Frau Ratter und die anderen Politiker*innen meist noch viel länger arbeiteten, wirft bei mir die Frage auf, wo sie ihre ganze Energie eigentlich her nehmen. Beantworten würde ich diese Frage damit, dass diese Politiker*innen ihren Job mit Leidenschaft machen. Politiker*in ist wohl einer dieser Berufe, die sämtliche Freizeit auffressen und bei denen 24/7 gearbeitet wird. Um das durchzustehen, muss man seinen Job lieben (oder Drogen nehmen, wobei ich bezweifle, dass das auf Dauer funktioniert). Anders kann ich mir nicht vorstellen, wie das zu meistern ist.

Eine wirkliche Arbeitsstruktur gab es nicht. Mal fingen wir im Büro an zu arbeiten und hatten erst später Termine, mal fuhren wir gleich morgens zu Terminen und dann von einem Termin zum nächsten. Meine Tätigkeit beschränkte sich dabei größtenteils darauf, Frau Ratter bei Terminen zu begleiten und mitzuschreiben, ab und zu Fotos zu machen oder ein Protokoll zu verfassen. So waren wir z.B. beim Neujahrsempfang von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Handwerkskammer in Mainz und bei der Eröffnung der Ausstellung 'NS-Psychiatrie in der Pfalz', wo ich u.a. Dr. Michael Brünger, dem Chefarzt der Pfalzinstitut-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie vorgestellt wurde.


An selbigem Tag waren wir außerdem beim Statistischen Landesamt in Bad Ems, wo ich das Gefühl hatte, in einer Szene der Serie 'Suits' gelandet zu sein, wie wir da um einen langen Tisch saßen und alle ganz diskret und wichtig gewirkt haben. Der Neujahrsempfang in der alten Turnhalle der Lebenshilfe in Bad Dürkheim hat mir besser als der in Mainz gefallen, wohl auch weil er etwas lockerer war und ich den Ort mochte. Auch die Podiumsdiskussion zum Thema Tempo 30 mit einigen Staatssekretären und Mitgliedern des Land- und Bundestages, denen ich z.T. vorgestellt wurde, war dann doch interessanter als erwartet. Beim runden Tisch Ethik/Philosophie an der Uni Landau waren lauter Professor*innen und Dozent*innen, aber auch Student*innen und
Referendar*innen, die sich zum oben genannten Thema berieten. 


Das absolute "Highlight" war für mich die Plenarsitzung an der psychiatrischen Fachklinik in Alzey, wo am 27.01. zum Anlass der Befreiung von Auschwitz den Opfern der Euthanasie gedenkt wurde. Dort waren sämtliche Minister*innen und Abgeordnete vom rheinland-pfälzischen Landtagspräsidenten Joachim Mertes über die Ministerpräsidentin Malu Dreyer bis hin zum Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Sinti und Roma Rheinland-Pfalz, Jacques Delfeld. Einigen wurde ich vorgestellt. Besonders die Rede des Politikwissenschaftlers, Historikers und Journalisten Götz Aly hat mich beeindruckt. 


Die darauf folgenden aktuellen Stunden im Rathaus in Mainz waren teils interessant, teils ziemlich amüsant und teils nervenaufreibend. Amüsant, weil einige Politiker*innen immer wieder dazwischen riefen und sich teilweise wie beleidigte Kindergartenkinder benahmen. Nervenaufreibend, weil es teilweise schwer auszuhalten war, was für einen Bullshit einige von sich gaben. Gewählt habe ich ein Praktikum in diesem Bereich, weil ich sehr politikinteressiert bin und gerne einmal wissen wollte, wie die Arbeit in der Politik abläuft. Einen groben Überblick darüber konnte ich mir in diesen zwei Wochen zwar machen, dennoch empfinde ich diese Zeit als zu kurz. Ich habe alleine eine Woche gebraucht, um mich in den Abläufen ein wenig zurecht zu finden, viel mehr Zeit hätte ich gebraucht um mich in die politischen Strukturen einzuarbeiten und sie ganz zu erfassen. Trotzdem habe ich sehr viel gelernt. Über mich, über Politik und über die Menschen, die sie machen.


So finde ich es jetzt viel schwieriger, Politik bzw. Politiker*innen zu bewerten. Ich habe die Menschen in der Fraktion als extrem fleißig erlebt, dort wird sich sehr viel Mühe gegeben. Es passiert so viel in der Politik, aber es kommt nur sehr wenig davon bei den Bürger*innen an. Deshalb glaube ich, dass viele Menschen Politiker*innen unfair bewerten. Natürlich bringt es auch nichts, wenn sich jemand sehr viel Mühe gibt, wenn er*sie dabei eine beschissene Meinung hat. Dennoch hat diese Person für ihr Engagement einen gewissen Respekt verdient, oder? 


Als Fazit würde ich sagen, dass ich sehr viel gelernt und sehr viel kennengelernt habe. Einige Momente waren stressig, aber dafür war es nie langweilig und ich hatte auch einiges an Spaß. Ich würde es jederzeit wieder tun.