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Es bedarf großen Könnens, aus Vielfalt großen Nutzen für alle zu ziehen
11.11.2015 | Kategorie: Reden | von: Ruth Ratter

Rede zur Zweiten Lesung des "Landesgesetz zur Stärkung der inklusiven Kompetenz und der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften" (IKFWBLehrG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5283



Abg. Ruth Ratter, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Herr Präsident, danke für das Wort. – Sehr geehrte Damen
und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Übereinstimmung
mit den Empfehlungen von Kultusministerkonferenz
und Hochschulrektorenkonferenz zur Lehrerbildung
für eine Schule der Vielfalt vom März dieses Jahres kommt
der vorliegende Gesetzentwurf einem nicht gerade unbedeutenden
Regulierungsbedürfnis nach. Dieses ergibt sich
aus der pädagogischen Tatsache, dass Lehrkräfte, wie
Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz
betonen, professionelle Kompetenzen benötigen – Herr
Präsident, da zitiere ich mir Ihrer Erlaubnis –, „um besondere
Begabungen oder etwaige Benachteiligungen, Beeinträchtigungen
und andere Barrieren von und für Schülerinnen
und Schüler zu erkennen und entsprechende pädagogische
Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen zu
ergreifen.“ – Diesem Anliegen trägt das Gesetz, das heute
in zweiter Lesung vorliegt, Rechnung.

Es hat den Fokus insbesondere auf die dritte Phase der
Lehramtsausbildung gelegt; denn die bestehenden Kollegien
haben die Verantwortung für das Gelingen der Schule
der Vielfalt. Das Gesetz nimmt aber auch die vorgeschalteten
Phasen der Lehrerfortbildung auf, nämlich bei den
Praktika, die verstärkt auch in Schwerpunktschulen stattfinden
sollen, oder bei der Landesverordnung, die insbesondere
die Regularien für die Zweite Lehramtsprüfung
gestaltet.

Worauf zielt also die erwartete Steigerung der Kompetenz
ab? – Der Inklusionsbegriff wird häufig isoliert und in
erster Linie auf den Personenkreis von Kindern mit sonderpädagogischem
Förderbedarf beschränkt. Der Begriff der
Inklusion umfasst aber im Anschluss an die wissenschaftliche
Verwendung durch Talcott Parsons und Niklas Luhmann
allgemein die Einbeziehung bislang ausgeschlossener
Akteurinnen in Subsysteme und bezieht daher alle
Dimensionen von Vielfalt ein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die menschenrechtliche Perspektive auf Inklusion umfasst
genau diesen weiten Begriff der Inklusion, wie übrigens
auch das dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Schulgesetz.
Meine Damen und Herren, meine Kollegin von der
CDU, das haben Sie offensichtlich noch nicht verinnerlicht;
denn Sie folgen in Ihren Ausführungen im Wesentlichen
den Ausführungen des Philologenverbands. Herr Kollege
Licht, die Reihe derer, die dieses Gesetz nicht in unserem
Sinne interpretieren, ist doch nicht so ganz lang.

(Alexander Licht, CDU: Es waren immerhin
zwei Verbände!)

In einer reinen Beschränkung auf den Personenkreis der
Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf
sehen wir GRÜNE wie unsere sozialdemokratischen
Partnerinnen daher eine Einengung, die den in
der UN-Behindertenrechtskonvention formulierten Rechtsanspruch
nicht einzulösen vermag. Deswegen betone ich
noch einmal: Inklusion schließt alle Dimensionen von Vielfalt
und alle Merkmale von Individualität mit ein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)

Die Belege aus der empirischen pädagogischen Forschung
zeigen deutlich auf, dass eine Fortbildung für ein
inklusives Bildungs- und Schulsystem nur im Team dem
Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht werden kann und
sich nicht auf einen individuellen Kompetenzaufbau bei
Einzellehrkräften beschränken darf. Die Erweiterung der
Kompetenzen in multiprofessionellen Teams auf der Ebene
der Einzelschule ist deshalb auf dem Weg zu einem inklusiven
Schulsystem unverzichtbar. Herr Licht, hier sind alle
Schulen gefragt und nicht nur die Schwerpunktschulen;
denn an allen Schulen haben wir es mit heterogen zusammengesetzten
Schülerinnengruppen und zunehmend auch
mit Multiprofessionalität zu tun.

Die Fortbildungsplanung liegt wie bislang auch in der Hand
der Einzelschule, die den Gegebenheiten entsprechend
planen kann und muss. Über die Einzelschule hinaus führt
eine Netzwerkbildung zur praktischen Weitergabe der guten
Beispiele. Deshalb sind neben Inhousefortbildungen
gerade Universitäten ein geeigneter Ort für die Vernetzung
unterschiedlicher Kompetenzstufen und den Austausch
von praxisorientiertem Wissen, aber auch der Aufbau von
Hospitationsschulen und Netzwerken bietet hier wertvolle
Ansätze.

Hierauf geht insbesondere der § 15 des Gesetzes ein. Inklusive
Unterrichtsentwicklung funktioniert nachhaltig nur
als Schulentwicklungsprozess. Das ist selbstverständlich.
Die Schulen haben das längst erkannt. In diesem Prozess
haben die Schulleitungen eine wichtige Schlüsselfunktion.
Das haben auch wir erkannt. Deswegen fördert das
Gesetz die Professionalisierung der Schulleitungsfunktion.
Das ist eine alte Forderung der Schulleitungsverbände und
somit auch ein wichtiger Schritt, der den Schulen an dieser
Stelle weiterhilft.
Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat von Jutta Allmendinger,
die uns sehr früh diesbezüglich beraten hat.
Sie sagt in ihrem Buch 'Schulaufgaben': "Es bedarf großen
Könnens, aus Vielfalt großen Nutzen für alle zu ziehen. Es lohnt sich."

(Glocke des Präsidenten)

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und der SPD)